Salonkultur ist Streitkultur? Am 24. November 2022
24. November 2022
Eine Lesung: „Abschied“
Die Lyrikerin und Autorin Gisela Verges ging mit ihren Gedanken zum Tod und Sterben in eine berührende Tiefe. Es waren nicht nur Gefühle, sondern 26 Bilder des Lebens.
Meine Meinung dazu ist: Der Tod ist nicht das Ende. Es geht um Transformation des ständigen Lebens.
Darüber darf es andere Meinungen geben. Genau der Austausch darüber darf dann einen Weg des Erkennens anstoßen.
So hat mich eine Zitat vom Brasilianer GODIM besonders getroffen: „Wir haben zwei Leben, und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eines hast.“
Wann ist es Zeit zum Sterben? So dachte die Autorin: „Der November bietet sich an. Dieser Monat, der den Abschluss des Herbstes bildet. Die Menschen sollten in sich gehen und ihr Leben überdenken, bevor mit dem ersten Advent ein neues Kirchenjahr beginnt. Vieles in unserem Leben wurde vor langer Zeit von der Kirche bestimmt und bis heute so beibehalten. Wenn allerdings nur etwa 25% der Bevölkerung einer kirchlichen Gemeinschaft angehören, dann müsste man vielleicht das Althergebrachte überdenken und in Frage stellen? Oder? Das wäre ein anderes Thema.“
Nach langer Zeit der Pflege und Krankheit musste Gisela Verges in Novembertagen ihren Mann gehen lassen: „Es war ein Geschenk, das wir uns gegenseitig machten, dieser Abschied. Der Kranke uns, und wir dem Sterbenden. Wir sprachen mit ihm. Antworten haben wir nicht mehr erwartet.“
Und nun? „Ich habe auch die Pflicht loszulassen. Mit der Vergangenheit abzuschließen. Nicht zu verwechseln mit dem Vergessen. Nein. Das Vergessen kann nicht angebrachte Verklärung bedeuten. Oder den endgültigen Tod. Ich werde alles neu ordnen müssen. Ich werde das Leben genießen …
… und ich werde es nicht vergessen.“
Meisterhaft einfühlend waren dazu die Musikkompositionen von Alexander Blume, der den guten Ton als der deutsche „Boogie-Woogie Man“ zugleich auch für dieses Thema traf. Ein Spannungsbogen der Meisterklasse, der den persönlichen Tiefgang der Lyrikerin bis hin zum Verlassen ihres „Elfenbeinturms“ begleitete.
Gisela Verges resümiert nach der Zeit sich Zeit gelassen zu haben : „Die Zeit drängt. So viel habe ich nicht mehr davon. Von dieser physikalischen Größe ZEIT! Keine Umwege. Keine Abwälzung von Verantwortung auf andere. Das stehe ich durch.“
Mein persönlicher Review:
Zeit ist eine Eigenschaft und keine physikalische Größe. Vergessen kann den endgültigen Tod bedeuten. Oder sollten wir darüber einmal angemessen lustvoll streiten?
Über jeden, der dazu mitreden oder mehr erfahren möchte, freue ich mich.
Gisela Verges könnte auch mit dem einen oder anderen vollständigen Originaltext zur Ergänzung beitragen.